Stadtforum#1 – der öffentliche Raum ist mehr als nur Funktionsraum

Im Saal der Begegnung fiel am Samstag, dem 17. November 2018, der Startschuss zum Planungsprozess Öffentlicher Raum St. Pölten. Für eine mögliche Kulturhauptstadt Europas wird der öffentliche Raum von ganz besonderer Bedeutung sein. Gleichermaßen kommt ihm aber auch im  alltäglichen Stadtleben eine enorm wichtige Rolle zuteil. Darüber waren sich die rund 50 Besucher*innen des öffentlichen Stadtforums #1 einig, die der Einladung der Stadt St. Pölten und des Teams St. Pölten 2024 gemeinsam mit dem Planungsbüro Raumposition gefolgt sind.

Dass der öffentliche Raum mehr sein muss als nur Funktionsraum, stellte Bürgermeister Matthias Stadler eingangs mit seinen Begrüßungsworten klar: »Die öffentlichen Räume unserer Stadt sind Orte der Begegnung, Orte wo sich die St. PöltnerInnen treffen, miteinander ins Gespräch kommen und sich aufhalten.  Das erfordert eine hohe Maß an Qualität, die schließlich allen Bereichen der Stadt zugute kommt und von der die Stadt lange über ein mögliches Kulturhauptstadtjahr hinaus profitiert.«

Der nun gestartete Planungsprozess wird vom Büro Raumposition unter Leitung von Prof. Rudolf Scheuvens begleitet und durchgeführt. Hierbei geht es darum, Kriterien für räumlich/funktionale Qualitäten des öffentlichen Raums in St. Pölten, Kriterien für das jeweils Angemessene, für nutzer*innenbezogene Anliegen zu erarbeiten. All dies wird im Dialog mit Verwaltung und Politik, mit Vertreter*innen der Wirtschaft, der Kunst/Kultur und mit der Öffentlichkeit entwickelt. Im Ergebnis steht eine Leitkonzeption der öffentlichen Räume, die Handlungsempfehlungen inklusive Priorisierungen in Bezug auf das Kulturhauptstadtjahr und die längerfristige Perspektive für die weiteren Schritte durch die Stadt St. Pölten formuliert.

Am Samstag stand das gemeinsame Arbeiten an fünf Planungstischen zu unterschiedlichen Handlungsräumen im Zentrum der Bürger*innenveranstaltung. In Workshopatmosphäre im Saal der Begegnung oder auch entlang von Stadtspaziergängen ausgewählter Routen wurden wichtige Herausforderungen in der Weiterentwicklung dieser Räume diskutiert, Anforderungen benannt und verortet.

Eine Gruppe setzte die Einfallstraßen in den Fokus der Diskussionen. Obwohl diese den Besucher*innen meist die ersten Bilder einer Stadt zeigen und diese auch im gesamtstädtischen Kontext herausragende Funktionen übernehmen, wird den Einfallstraßen oftmals wenig Bedeutung in der Stadtentwicklung beigemessen.Die Gruppe stellte fest, dass vor allem die südliche Anbindung der Stadt großes Aufwertungspotenzial in sich bergen würde.

An einem weiteren Arbeitstisch stand der Diskurs um den wohl bekanntesten und belebtesten öffentlichen Raum der Stadt im Zentrum: der Altstadt. Die unterschiedlichen Plätze mit ihren verschiedenen Charakteren werden als hohe Qualität in der Stadt betrachtet, die den öffentlichen Raum im historischen St. Pölten prägen. Während der Rathausplatz als Veranstaltungsort in der Stadt gesetzt ist, wird die Notwendigkeit der Neugestaltung des Domplatzes unterstrichen. Die Teilnehmer*innen dieser Gruppe sprechen sich für einen nutzungsoffene Platzgestaltung aus, die unterschiedliches zulässt und flexibel ist. Der Platz soll »Raum für alle« sein und ist gerade im Kontext einer Kulturhauptstadt gut für kulturelle Veranstaltungen zu nutzen.

Um über die Altstadt hinaus die Innenstadt in ihrer Gesamtheit spürbar zu machen, braucht es starke Verbindungen zwischen den einzelnen Vierteln. Dem Promenadenring kommt dabei die Schlüsselrolle zu, was die Teilnehmer*innen eines weiteren Arbeitstisches vor Ort im Rahmen eines Stadtspazierganges erkunden konnten. Er umschließt nicht nur die Altstadt und hat als eigenständiger Raum das Potenzial, ein qualitätsvoller Begegnungsraum zu werden, an ihm liegen auch die historischen Stadteingänge und wichtige Querverbindungen, die es zu stärken und in ihrer Attraktivität zu steigern gilt.

Auch die Teilnehmer*innen des Arbeitstisches zum Thema Regierungsviertel und Kulturbezirk nutzten die Zeit, um dieses Viertel und seine Erreichbarkeit direkt vor Ort auszutesten. Dabei wurde deutlich, dass die Orientierung zwischen Altstadt und Kulturbezirk – besonders für Ortsunkundige – schwer fällt, obwohl diese in fußläufiger Distanz zueinander liegen. Die Straßen und Plätze im Viertel selbst waren trotz sonnigem Herbstwetter menschenleer. Wie hier städtisches Leben stimuliert werden kann und wie das Viertel dazu beitragen kann, die Altstadt mit dem Naturraum Traisen attraktiv zu verbinden, sind zwei wesentliche Fragen, die an den dortigen öffentlichen Raum gestellt werden müssen.

Am fünften Arbeitstisch konnten alle Themen diskutiert werden, die den öffentlichen Raum ausmachen, sich jedoch nicht ortsspezifisch zuordnen lassen. So muss der Straßenraum viele Funktionen erfüllen und vielen unterschiedlichen Teilnehmer*innen gerecht werden. Öffentliche Räume können dann zu Begegnungsräumen werden, wenn diese auch von den Menschen genutzt werden können. Dazu braucht es eine funktionierende Infrastruktur, die eine Balance zwischen Erreichbarkeit und Freiraum ermöglicht. Die Dominanz von geparkten Autos im öffentlichen Raum wird von den Teilnehmer*innen des Stadtforums als zu stark betont, was zu Lasten der Aufenthaltsqualität geht. Im Sinne eines geringeren Verkehrsaufkommens sind auch wohnraum- und stadtteilbezogene Freiräume als Teil des öffentlichen Raums zu begreifen sowie die Qualität und die Zugänglichkeit von Grünräumen wie dem Stadtwald und der Traisen.

Ein viel diskutiertes Thema war auch die Nutzungsoffenheit der öffentlichen Räume, die häufig nur konsumorientiert funktionieren. Der Bedarf an konsumfreien Räumen, Räumen des Aufenthalts und sozialen Begegnungsräumen ist jedoch vorhanden und bleibt zu oft ein offener Wunsch. Einen Beitrag als Frei- und Experimentierräume könnten leerstehende Lokale oder Geschäftsflächen leisten, auch im Hinblick auf den möglichen Titel als Kulturhauptstadt Europas St. Pölten 2024. In diesem Zuge entstehen einerseits Ansprüche an den öffentlichen Raum als Bühne und Veranstaltungsort, andererseits stellen höhere Besucherströme Ansprüche an seine Funktionalität. Die Chance der Kulturhauptstadt gilt es zu nutzen und die Zukunft des öffentlichen Raums in St. Pölten über 2024 hinauszudenken, um ihn lebenswert zu gestalten.

Die gesammelten Erkenntnisse werden nun in die weitere Arbeit zur Erstellung der Leitkonzeption durch das Planungsbüro einfließen. Dazu finden regelmäßige Rückkoppelungstreffen mit dem eigens für diesen Planungsprozess installierten Arbeitskreis statt. Im Februar kommenden Jahres werden die Ergebnisse im Rahmen eines weiteren Stadtforums präsentiert und erneut gemeinsam mit den Bürger*innen St. Pöltens diskutiert.

Stadtforum#1 © C. Fürthner

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Stadtforum #1 – öffentlicher Raum

Sa, 17. November 2018
14.00 bis 17.00 Uhr

Saal der Begegnung
Gewerkschaftsplatz 2
3100 St. Pölten 

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